Neues Darm-Screening wird viele Leben retten
Jetzt ist es fix: Das von allen Expert:innen jahrelang geforderte, strukturierte Vorsorgeprogramm wird nun auch in ganz Österreich Realität – zumindest als Pilotversuch. Bis dato gab es bestenfalls ärztliche Empfehlungen an Patient:innen über 50 Jahren, die von den Kassen bezahlte Darmvorsorge in Anspruch zu nehmen. Dieser Empfehlung folgten hierzulande – in leicht steigender Tendenz – aber bisher nur bescheidene 16% aller über 50-Jährigen.
Neues Darm-Screening ab 2024
Ab 2024 soll nun, ähnlich wie beim Brust-Screening, von den Kassen zur Untersuchung geladen werden. Da Darmkrebs immer häufiger auch Jüngere betrifft und diese schwerer zu therapieren sind, beginnt das Screening-Alter für Vorsorgeuntersuchungen künftig bereits bei Personen ab 45 und endet mit 75 Jahren. „Die Darmchecks ermöglichen, bereits vorhandene Karzinome früher zu entdecken und folglich mit höheren Erfolgsaussichten, sprich: besseren Überlebenschancen, zu behandeln“, erklärt Dr. Friedrich Weiser, Chirurg, Darmspezialist und Fachgruppenobmann der Wiener Ärztekammer.
In punkto Testmethode wird man künftig die Wahl zwischen der alle 10 Jahre stattfindenden Vorsorge-Koloskopie (Darmspiegelung) und dem alle zwei Jahre durchzuführenden, immunologischen Stuhltest (FIT-Test) haben. Bei positivem Ergebnis des FIT-Tests wird von den Kassen auch die dann nötige Folge-Koloskopie bezahlt.
Immunologischer Stuhltest versus Darmspiegelung
Der immunologische Stuhltest basiert auf dem Nachweis von menschlichem Hämoglobin durch spezifische Antikörper. Er ist damit deutlich empfindlicher und genauer als früher gebräuchliche Stuhltests und wird vor allem auch durch verzehrte Lebensmittel in seiner Treffgenauigkeit nicht beeinträchtigt. „Für Vorsorgebewusste, die aus irgendeinem Grund keine Darmspiegelung wünschen, ist der FIT-Test eine gute, fast ebenso sichere Methode und in jedem Fall besser als gar keine Untersuchung“, gibt Helga Thurnher, Obfrau der Selbsthilfe Darmkrebs Österreich, zu bedenken.
„Fast“ ist eben nicht „ganz“. Warum die Darmspiegelung immer noch am treffsichersten ist, erklärt Dr. Friedrich Weiser: „Der FIT-Test reagiert nur auf blutende Polypen und Adenome. In der Schleimhaut versteckte und nicht blutende Polypen können, im Gegensatz zur Koloskopie, nicht erkannt werden. Umgekehrt kann das nachgewiesene Blut auch aus dem Magen oder von Hämorrhoiden herrühren.“
Positiver FIT-Test: Koloskopie unumgänglich
Fällt das Testergebnis positiv oder falsch-positiv aus, muss man in jedem Fall zur Darmspiegelung. Diese wird heute bereits in manchen Zentren mit zusätzlichem Einsatz einer künstlichen Intelligenz durchgeführt, was die Treffsicherheit beim Aufspüren versteckter Polypen nochmals erhöht hat. Dr. Friedrich Weiser, der in Wien eine große Kassenpraxis betreibt: „Bei knapp 30% aller Untersuchten werden Polypen entdeckt und gleich entfernt, womit das Krebsrisiko beseitigt ist. Beim FIT-Test, der im Labor ausgewertet wird, ist die Polypen-Entfernung naturgemäß nicht möglich. Liegt ein positives Ergebnis vor, muss der Betroffene in jedem Fall zur Koloskopie kommen.“
Positive Resultate dank Darm-Screening in Deutschland
In Deutschland, wo das Darmkrebs-Screening schon seit vielen Jahren etabliert ist, sank die Sterblichkeit durch Früherkennung bösartiger Tumore bei Männern um mehr als ein Drittel und bei Frauen um die Hälfte. „Wir hoffen, dass sich das neue Darmkrebs-Screening ab 45 in Österreich ähnlich positiv auswirken und durch die Früherkennung viele Leben retten wird“, sagt Helga Thurnher, die mit ihrer Selbsthilfe-Organisation zu den großen Vorkämpfern für verbesserte Vorsorge zählt.