Bei Dickdarmkrebs:
Behandlung nach Krankheitsstadien

Die morderne Darmkrebs-Therapie richtet sich nach dem Krankheitsstadium - wobei heute kein einzelner Artz mehr entscheidet, sondern eine ganze Gruppe von Spezialisten optimierte Therapieentscheidungen trifft.
Die Entscheidung über die bestmögliche Behandlungsmethode des Dickdarm-Karzinoms (auch kolorektales Karzinom genannt) wird im Rahmen eines interdisziplinären Tumor-Boards getroffen.
Das Tumor-Board ist eine Konferenz von medizinischen Spezialisten verschiedener Fachrichtungen – Experten in Diagnostik und Therapie der jeweiligen Tumorart. Beim Dickdarmkrebs sind in der Regel medizinische Onkologen, Röntgenfachärzte, Chirurgen und Strahlentherapeuten vertreten.
Lokales, nicht metastasiertes Karzinom
Beim lokalen Karzinom des Dickdarms erfolgt die primär chirurgische Entfernung des Tumors – entweder im Rahmen einer klassischen Operation mit Öffnung der Bauchdecke oder im Wege eines sog. laparoskopischen Zugangs ("Knopflochtechnik").
Je nach Krankheitsstadium (ab Stadium III oder Stadium II mit Risikofaktoren) kann anschließend eine Sicherheitstherapie (adjuvante Chemotherapie) erforderlich sein. Diese wird je nach Tumorgröße, Lymphknotenbefall und Verfassung des Patienten mehr (Kombinationstherapie mit mehreren Substanzen) oder weniger (Monotherapie) intensiv gestaltet.
Zur Verfügung stehen die Medikamente Capecitabin (Xeloda), 5-FU, Oxaliplatin und Irinotecan.
Beim lokalen Karzinom des Enddarmes (Rektum) wird bei höher sitzenden Tumoren (10 bis 15 cm) wie beim Dickdarm behandelt, ebenso bei tiefer sitzenden kleineren Tumoren (T1 und T2) ohne Lymphknotenbefall.
Ist der Tumor jedoch größer (T3 oder T4) und/oder liegt im CT/MR der Verdacht auf einen Lymphknotenbefall vor, wird eine neoadjuvante, präoperative Radio-Chemotherapie empfohlen. Dabei gelangt vor der Operation eine Kombination aus Chemotherapie (in der Regel Xeloda, niedrig dosiert) und Strahlentherapie zur Anwendung. Diese Strategie verbessert das Operationsergebnis und optimiert auch deutlich die Langzeiterfolge.
Die Notwendigkeit einer allfälligen weiteren adjuvanten Therapie nach der Operation hängt vom Ergebnis der Gewebsuntersuchung, also vom sog. histologischen Befund, ab.
Fortgeschrittenes, metastasiertes Karzinom
Im Fall der Metastasierung eines kolorektalen Karzinoms ist in der Regel die Leber als erstes Organ betroffen.
Präsentiert sich eine einzelne Metastase mit maximal 3 cm Durchmesser, so kann diese primär operiert oder durch lokalablative Techniken (z.B. Radiofrequenzablation) zerstört werden.
Bei größeren oder mehreren Metastasen kann eine neoadjuvante Therapie (z.B. Folfox und Bevacizumab) eingesetzt werden, um die Metastasen zu verkleinern und so eine operable Situation zu erreichen.
Bei diffuser Metastasierung hängt die Wahl der Therapie von der Symptomatik, der klinischen Verfassung des Patienten, seinem Therapiewunsch und nicht zuletzt auch von verschiedenen molekularbiologischen Eigenschaften des Tumors ab.
Mittlerweile sollte es Routine sein, diese molekularbiologischen Gegebenheiten (KRAS, NRAS, BRAF, MSI) vor der Therapieentscheidung zu testen, um eine optimale Auswahl sinnvoller Kombinationen aus der wachsenden Palette biologischer, gezielt wirksamer Substanzen – in Ergänzung zu den klassischen Chemotherapien – treffen zu können.
An Chemotherapien stehen Xeloda Mono, Folfox, Xelox, Folfiri und Xeliri zur Verfügung, wobei diese zum Teil mit modernen Biologika wie Cetuximab (Erbitux), Panitumumab (Vectibix), Bevacizumab (Avastin), Aflibercept (Zaltrap) und Regorafenib (Stivarga) kombiniert werden.
Da sich aus diesen zahlreichen Substanzen eine Vielfalt denkbarer Kombinationsmöglichkeiten ergibt, stehen auch bei ungenügendem Erfolg der ersten Therapie bzw. einem eventuellen Rückfall weitere Optionen für Zweit- und Drittlinientherapien zur Verfügung.
+43 (0)699/10 08 47 82
Jeden Mittwoch, 16.00 – 17.00 Uhr
OA Dr. Adalbert Weißmann
Onkologe an der 1. Medizinischen Abteilung
Zentrum für Onkologie und Hämatologie
Wilhelminenspital Wien